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Heinz Thiele  
Vom Ursprung der Amateur-Tonbandgeräte  
Seit dem Erscheinen des ersten Magnetbandgerätes, dem Magnetophon der AEG [1] im Jahre 1935, wurden bis zum Kriegsende 1945 Geräte zur magnetischen Speicherung und Wiedergabe von Tonfrequenzen ausschließlich für professionelle Zwecke hergestellt. Die technischen Daten der ersten Gerätegeneration genügten freilich nur mäßigen Ansprüchen bezüglich Frequenzgang, Dynamik und nichtlinearer Verzerrungen. Die Geräte dienten vorwiegend der Aufzeichnung von Sprache, unter anderem zu Diktatzwecken.  
Die entscheidende Verbesserung der Systemparameter für künftige Anwendungen kam bekanntlich 1940 durch eine Zufallsentdeckung zustande; sie bestand in der von Weber gefundenen und zum sogenannten "Hf-Patent" [2] führenden hochfrequenten Vormagnetisierung des magnetisierbaren Speichermediums. Mit diesem Verfahren wurden bei der Bandgeschwindigkeit von 77 cm/s und mit dem C-Band von Agfa-Wolfen Übertragungswerte erreicht, die nach den damaligen Ansprüchen und vor allem im Vergleich zu anderen Tonaufnahme- und -wiedergabeverfahren keine Wünsche mehr offenließen.
Von allen elektrischen und mechanischen Komponenten, welche für eine Magnetton-Aufnahme- und -Wiedergabeapparatur erforderlich sind, waren nur die bei Verwendung bandförmigen Speichermaterials benötigten Magnetköpfe in der gewählten Form neu. Sie entsprachen den von Schüller angegebenen Konstruktionen [3] und waren wie die Hf-Vormagnetisierung ebenfalls der AEG geschützt. Bis Kriegsende entwickelte und fertigte ausschließlich die AEG-Bandgeräte, und zwar nur für professionelle Zwecke. An eine Herstellung von Tonbandgeräten für nichtgewerbliche Zwecke, also für den Amateurmarkt, dachte damals niemand. Es bedurfte offenbar erst einer Initialzündung, um die serienmäßige Fabrikation vieler Millionen von Tonbandgeräten einzuleiten. Anfang der fünfziger Jahre begann Grundig mit der Fertigung von Amateurgeräten.
Von Bedeutung für die Entwicklung von Amateur-Tonbandgeräten ist jedoch die viel früher liegende Aktivität des jungen Bruno Woelke. Woelke hatte während des Krieges als Angehöriger des Forschungsinstitutes der AEG in Berlin-Reinickendorf das Magnetophon als Speicher für Meßwerte benutzt und dessen immense Bedeutung für die Informationsspeicherung frühzeitig erkannt. Er propagierte deshalb gleich nach Kriegsende das preiswerte Tonbandgerät als Ergänzung zu den bisher geschaffenen Studioanlagen. Dabei kam ihm das betonte Interesse eines einflußreichen Nichttechnikers, des zunächst noch amtierenden AEG-Vorstandsvorsitzenden Hermann Bücher, entgegen.
Bücher wurde nach Kriegsende jedoch bald seines Postens enthoben. Die verbliebenen Direktoren der AEG kamen zu keinem der Bedeutung der Magnetbandtechnik Rechnung tragenden Entschluß, obwohl die AEG alle maßgeblichen Schutzrechte für die Magnetton-Aufzeichnung besaß. Überdies entstanden auf Jahre hinaus wegen der anfangs fehlenden Bereitschaft des AEG-Konzerns, auf dem Magnetton-Gebiet Lizenzen zu vergeben, für die deutsche Industrie erhebliche wirtschaftliche Nachteile.
Originalskizze WoelkeWoelke versuchte in einem zweiten Anlauf eine Zusammenarbeit mit Loewe Opta, Berlin. Diese schien zunächst, wenn auch nur in kleinem Rahmen, erfolgreich zu verlaufen. Als Grundlage aller weiteren Arbeiten nahm er sich zunächst die Entwicklung eines neuartigen Magnetkopfes vor.
Es gelang ihm, den materialintensiven, aufwendigen und voluminösen AEG-Magnetkopf durch eine bessere Bauart zu ersetzen, wie sie prinzipiell in einer Originalskizze (Bild 1) aus dem Jahre 1946 dargestellt ist. Im Gegensatz zum Schüllerschen Ringkopf berührt das Band das magnetisch wirksame Kopfmaterial nur auf einer vergleichsweise geringen Fläche. Zur Herstellung dieses neuartigen "Opta"-Kopfes wurden weniger als 10% des damals raren und schwierig zu beschaffenden Mu-Metalles benötigt [4].
Das erste von Woelke konstruierte Gerät war die Wiedergabemaschine Münchberg 1 [5] mit 77 cm/s Bandgeschwindigkeit, welche vorwiegend für die Tonwiedergabe in Lichtspieltheatern gedacht war. Später erschienen Geräte für Aufnahme und Wiedergabe unter dem Namen Ferrophon 6 von Loewe Opta.
Ein richtung weisendes Bauelement, welches ausgezeichneten Gleichlauf des Bandes bei geringem Aufwand garantierte, stellten die von ihm erstmalig verwendeten gewichtsabhängigen Friktionen dar; d.h. je kleiner der Bandwickel auf dem Teller mit dem ablaufenden Bande ist, um so geringer sind die dort auftretenden Bremskräfte. Das gleiche gilt für die am Aufwickelteller wirkenden Antriebskräfte. Aus dieser Konstruktion ergaben sich ein zwischen Bandanfang und -ende nur in geringen Grenzen schwankender Bandzug und damit sowohl guter Gleichlauf als auch ein konstanter Kopf-Band-Kontakt ohne Einsatz einer (damals noch undenkbaren) elektronischen Bandzugregelung.
Woelke verwendete damals für bandförmige Magnetspeicher bereits den sogenannten "Omega"-Antrieb, bei dem bekanntlich das Band ohne Andruckrolle von der Tonrolle schlupffrei transportiert wird und der heute bei vielen Gerätetypen, besonders auch bei Videorecordern, zu neuen Ehren gelangt ist (Bild 2). Die Geräte Münchberg 1 und Ferrophon III waren Marksteine in der Entwicklung qualitativ hochwertiger Tonbandgeräte zu günstigen Preisen. Leider nahm die Zusammenarbeit mit Loewe ein jähes Ende, als Siegmund Loewe, aus der Emigration zurückgekehrt, das Gebiet Magnetton aufgab.
Bild 1. Originalskizze der ersten Kopfkonstruktion von Woelke aus dem Jahr 1946
Ferrophon III c Bild 2. Das Magnettongerät Ferrophon III c wies bereits einen Bandantrieb auf, wie er heute unter dem Namen Omega-Umschlingung bekannt ist. Dabei wird das Band ohne Andruckrolle schlupffrei transportiert
Als dritten Versuch, sein ihm lieb gewordenes Gebiet weiter zu erschließen, gründete er zunächst 1949 das Technische Büro Dipl.-Ing. Bruno Woelke in Münchberg/Ofr. Es entstanden Aufnahme-, Wiedergabe- und Löschköpfe verschiedener Abmessungen, die nicht nur für Bandbetrieb, sondern auch für randbespurten Magnettonfilm einzusetzen waren.
Da sich nur wenige Firmen den Luxus einer eigenen Magnetkopfentwicklung und -fertigung leisteten, wurde das im Jahre 1953 nach München umgezogene "Laboratorium für Magnettontechnik" - wie die damalige Bezeichnung des Unternehmens lautete - bald Zulieferer einer Vielzahl in- und ausländischer Gerätefabriken.
Die erzielten Fortschritte auf dem Gebiete der magnetischen Speichermaterialien ermöglichten von der Mitte der fünfziger Jahre an die Vertonung von 8-mm-Amateurfilmen mit Magnetton-Randspur. Auch in dieser Sparte betätigte sich die Firma nicht nur als Kopflieferant, sondern beteiligte sich maßgeblich an der Konstruktion verschiedener Tonlaufwerke für Standard-8-Filme.
So ließ sich beispielsweise der "Sonomat" in Verbindung mit fast allen handelsüblichen 8-mm-Projektoren verwenden und verfügte dabei im Gegensatz zu sogenannten Durchzuggeräten über einen eigenen Antriebsmotor, welcher von der Filmgeschwindigkeit geregelt wurde.
Mit dem Aufkommen der elektronischen Datenverarbeitung wurden Köpfe für digitale Signalaufzeichnung benötigt. Auch für diesen Anwendungsfall begann man rechtzeitig zu entwickeln und lieferte diese in stets steigenden Stückzahlen seit 1963.
Innerhalb der gegenwärtigen Technologie der Köpfe kann man bei den magnetischen Werkstoffen zwei Arten unterscheiden. Die Kerne bestehen entweder aus gestanzten Blechen oder aus ferromagnetischer Keramik. Als Spaltmaterial dienen entweder Metallfolien, z.B. aus Beryllium-Bronze, oder Keramik sowie in steigendem Maße Glas.
Die Köpfe enthalten heute vielfach mehr als ein System, wobei z.B. Kombinationen aus Lösch- mit Aufnahme-/ Wiedergabekopf oder Köpfe mit Systemen für stereofonische Aufnahme häufig vorkommen. Die übliche vielkanalige Speicherung und Mischung verschiedener Tonereignisse erfordert z.B. bei der Musikaufnahme für die Schallplattenindustrie Köpfe mit bis zu 32 Systemen, bei denen unter anderem hohe Werte der Übersprechdämpfung eingehalten werden müssen. Einen Wiedergabekopf für 32 Spuren zeigt Bild 3.
Das Programm der serienmäßig gefertigten Köpfe enthält gegenwärtig ca. 250 verschiedene Typen - vom einfachen Kopf für Diktiergeräte bis zu den Köpfen, die in Studio-Videorecordern zur Tonaufzeichnung, Wiedergabe und Löschung eingebaut werden.
Moderner 32-Spur-Wiedergabekopf
Bild 3. Moderner 32-Spur-Wiedergabekopf von Woelke mit hoher Übersprechdämpfung
Bereits im Zusammenhang mit den ersten, in Münchberg entstandenen Gerätekonstruktionen zeigte sich, daß für Fertigung und Prüfung einige spezielle Meßgeräte erforderlich sind, die entweder überhaupt noch nicht existierten oder des geringen Bedarfes wegen sehr teuer waren. Die Firma entwickelte -zunächst für eigene Zwecke - bereits 1948 ein Gleichlaufmeßgerät, welches nicht nur anzeigte, sondern gleichzeitig auf Wachspapierschrieb. Basierend auf den Erfahrungen im eigenen Betrieb, entstanden im Laufe der Jahre neben einer Familie von Gleichlaufmeßgeräten weitere, für die Magnetbandtechnik unerläßliche Meßeinrichtungen.
Für eine Verwendung der Geräte am Fließband, d. h. bei der Serienprüfung durch angelernte Kräfte, wurde der programmierbare Klassierer für Wow und Flutter ME 201 geschaffen und damit eine Objektivierung der Flutter-Anzeige erreicht.
Untersuchungen und Serienprüfungen an Magnetköpfen erfordern Laufwerke, die besonders hohe Ansprüche bezüglich Bandantrieb, Kopfanordnung und Aufnahme- sowie Wiedergabeelektronik erfüllen müssen. Ein solches Laufwerk wird mit dem zugehörigen Elektronikteil unter der Bezeichnung ME 501 geliefert. Weitere Geräte für elektroakustische Messungen sind das Automatic Distortion Meter ME 401 und der Wave Analyser ME 301 C.
Ein besonderes Problem für Magnetkopfhersteller stellt die Messung der Koerzitivfeldstärke an Proben mit winzigen Abmessungen, z. B. an Polblechen von Miniatur-Magnetköpfen, dar — insbesondere im Bereiche kleiner Hc-Werte. Einzigartig auf dem Markt in bezug auf Handhabung und Meßprinzip ist das Coercimeter ME 601. Es läßt sich sowohl in Forschung und Entwicklung als auch, weil es ohne Spezial-kenntnisse bedienbar ist, in der Fertigung verwenden.
Bis zum Jahre 1961 befaßte sich die Firma nur mit Entwicklung und dem Vertrieb. Sie ließ Köpfe von mehreren feinmechanischen Firmen nach ihren Angaben herstellen. Um den in jeder Hinsicht gestiegenen Bedarf an Quantität und Qualität befriedigen zu können, begann 1963 die heutige „Woelke Magnetbandtechnik GmbH & Co. KG" eine eigene Fertigung zunächst in einem angegliederten Labor. Wegen wiederum nicht ausreichender Kapazität der Zulieferbetriebe entstand ab 1972 ein eigener Fabrikkomplex in Schweitenkirchen, etwa 40 km nördlich von München. Weitere Betriebe befinden sich in München selbst, in Haar bei München sowie in Singapore.
 

Literatur

[1] Lichte, H.; Narath, A.: Magnetton, Physik und Technik des Tonfilms. 2.Auflage 1943, Verlag S. Hirzel, Leipzig, Seite 354...357.
[2] v. Braunmühl, H.J.; Weber, W.: Verfahren zur Schallaufzeichnung. DRP 741 vom 25.10.1940.
[3] Schüller, E.: Magnetisierungskopf für Längsmagnetisierung von Magnetogrammträgern. DRP 660 377 vom 24.12.1933.
[4] Woelke, B.: Magnetkopf zur Aufnahme und Wiedergabe von Magnetogrammen. DBF 973 764 vom 6.11.1948.
[5] Woelke, B.: Ein Magnetbandgerät für Lichtspieltheater. Foto-Kino-Technik 1949, Heft 5, Seite 120...121.
[6] Ferrophon. Loewe Opta-Druckschrift; Archiv des Verfassers.
 
aus: Funkschau 16/1979 Seiten 1306/ 1307

Herzlichen Dank an die Funkschau für die Erlaubnis, diesen Artikel hier zu veröffentlichen.
 
 
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